Pflegeberufegesetz keine Lösung für Fachkräftemangel in der Pflege

Pressemitteilung der ASG Bayern

Der im Bundestag in erster Lesung beratene Gesetzesentwurf stellt keinen sinnvollen Lösungsansatz dar um den Fachkräftemangel in der Pflege zu beheben!

Nürnberg, den 25.05.2016

Das Gesundheitspolitische Forum der ASG Bayern und Mittelfranken hat am 25.05.2016 Chancen und Risiken des geplanten Pflegeberufegesetzes intensiv diskutiert. Das Ergebnis war eindeutig. "Der im Bundestag in erster Lesung beratene Gesetzesentwurf stellt keinen sinnvollen Lösungsansatz dar um den Fachkräftemangel in der Pflege zu beheben!"

Auszubildende und Studentinnen/Studenten der Gesundheits- und Krankenpflege haben den vorliegenden Gesetzesentwurf heftig kritisiert.

  • Wer sich für eine Ausbildung in einem Pflegeberuf entscheidet hat sich im Vorfeld entschieden ob er in der Akut- oder in der Langzeitpflege arbeiten möchte.
  • Gesundheits- und Krankenpfleger/in, Kinderkrankenpfleger/in oder Altenpfleger/in sind gleichwertige Berufe mit unterschiedlichen Schwerpunkten die dem Wunsch der Auszubildenden entsprechen.
  • Um spezifische fachliche Anforderungen in Kliniken oder/und Pflege-einrichtungen abzudecken sind multiprofessionelle Teams (in ihrer fachlichen Spezialisierung) sinnvoller als sogenannte Generalisten.
  • In allen Berufsfeldern werden Spezialisten dringend gesucht und benötigt, nur in den Pflegeberufen soll die Generalistik die Lösung der Zukunft sein.
  • Die Pflegeberufe benötigen eine klare Identität durch klare Inhalte und Zuständigkeiten. Die geplante Reform stiftet keine Identität und macht "den Pflegeberuf" für junge Menschen unattraktiv.
  • Die geplante Berufsbezeichnung "Pflegefachfrau oder Pflegefachmann" ist ein schlechter Scherz. Diese Berufsbezeichnung wirkt abschreckend, ist phantasielos und wird potenzielle Interessenten an einer Pflegeausbildung abschrecken.

Liselotte Gnasmüller, Fachbereichsleiterin Pflege - Institut für Bildung und Entwick-lung der Caritas in München, sprach sich für die geplante Ausbildungsreform der Pflegeberufe aus. Sie erwartet einen Qualitätsgewinn für das Image der Pflege-berufe. Gemeinsamkeiten in der theoretischen Ausbildung der bisher getrennten Ausbildungsberufe sowie aktuelle und zukünftige pflegefachliche Anforderungen sprechen für einen gemeinsamen Ausbildungsansatz, ebenso wie die europa-rechtlichen Anerkennungsrichtlinien.

Mona Frommelt, Direktorin der Hans Weinberger Akademie, sieht die geplante Ausbildungsreform kritisch. Die unterschiedlichen Ausbildungen haben zwar einen Großteil an gleichen Inhalten, doch die praktischen Erfahrungen erfolgen in verschiedenen Kontexten. Die Langzeitpflege ist mit der Akutpflege nur in den Feldern der "medizinisch/pflegerischen" Behandlung vergleichbar wobei auch hier die Zielsetzungen sich wesentlich unterscheiden. Die Akutpflege ist auf einen schnellen Behandlungserfolg und Entlassung ausgerichtet und stellt die Heilung in den Mittelpunkt, während die Langzeitpflege den Menschen professionell oft über Jahre begleitet und einen hohen Beitrag zur Lebensqualität leisten muss.

Eine Absenkung der über Jahre hinweg erarbeiteten Qualitätsstandards in allen bisher getrennten Berufsfeldern ist zu befürchten da Expertenwissen in der Ausbildung nicht mehr vermittelt werden kann. Die notwendigen Praktikumsplätze für eine generalistische Ausbildung können von den Kliniken nicht zur Verfügung gestellt werden und kleinere Schulen im ländlichen Raum stehen vor dem Aus. Die absehbare Unterfinanzierung der gemeinsamen Ausbildung wird die genannten Probleme zusätzlich verstärken.

Martina Stamm-Fibich, Abgeordnete der SPD im Deutschen Bundestag und Mitglied im Gesundheits- und Petitionsausschuss, sieht in dem vorgelegten Pflege-berufereformgesetz nicht den großen Wurf, um dem aktuellen und zukünftigen Fachkräftebedarf in den Pflegeberufen begegnen zu können. Die eingereichte Petition zum Erhalt des eigenständigen Berufsbildes der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege muss ernstgenommen werden. Wenn knapp 150.000 Menschen eine Petition mitzeichnen, kann der Deutsche Bundestag nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Hier ist ein Innehalten notwendig, verbunden mit einer Überprüfung des Reformgesetzes. Ein in der Praxis scheiterndes Pflegeberufe-reformgesetzes können wir uns in Deutschland nicht leisten wenn die Qualität der pflegerischen Versorgung nicht aufs Spiel gesetzt werden soll. Sie bedankte sich für die intensive Diskussion, insbesondere bei den Auszubildenden und Studentinnen/ Studenten der Gesundheits- und Krankenpflege deren Kritikpunkte sie in die parlamentarische Diskussion einbringen wird.