Gesetz zur Stärkung der Patientenrechte

13. September 2011

Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG) Bayern am 1. Oktober 2011 im Kultur-Café in Hof. Die ASG Bayern veranstaltete am 01.10.2011 eine Podiumsdiskussion über das geplante Gesetz zur Stärkung der Patientenrechte.

Auf dem Podium hatten namhafte Referenten Platz genommen die von Elisabeth Rüdinger, Vorsitzende der ASG Bayern herzlich begrüßt wurden:

Dr. med. Marlies Volkmer MdB
Stellvertretende Bundesvorsitzende ASG
Dr. med. Thomas Tatschner
Facharzt in der Rechtsmedizin der Universität Würzburg
Thomas Goger
Jurist
Karin Wolowiec
Patientenfürsprecherin Bezirkskrankenhaus Rehau

Marlies Volkmer skizzierte in ihrem Eingangsreferat die Position der SPD, die auch schon als Antrag im Bundestag diskutiert wurde.
In ihrem Antrag verlangt die SPD-Fraktion, die bislang im Sozial-, im Standes-, im Zivil-, im Straf- und im Sicherheitsrecht geregelten Patientenrechte transparent und rechtsklar in einem Gesetz zusammenzuführen. Zudem müssten die Patientenrechte erweitert werden. Ein zentraler Aspekt sei die Patientensicherheit. Dabei habe ärztliche Fehlervermeidung oberste Priorität. Die SPD schlägt vor, arbeitsrechtliche Sanktionen für Meldungen eigener und fremder Fehler auszuschließen.
Fehler müssten bekannt werden, um zu analysieren, "an welchen Stellen es Schwachpunkte gibt und welche Mechanismen greifen, um Schadensfolgen zu verhindern“.
Die Beweislastumkehr bei schweren Behandlungsfehlern ist gesetzlich zu verankern und zu erweitern. Dann müsste der Arzt beweisen, dass ein Schaden nicht durch seinen Fehler verursacht wurde. Allerdings strebt die SPD keine vollständige Beweislastumkehr an, da dies zur Folge haben könnte, dass Versicherungen bestimmte Facharztgruppen nicht mehr versichern, bestimmte Behandlungen nicht mehr angeboten und Versicherungskosten auf Patienten abgewälzt würden. Die SPD will die Rechtsposition der Patienten im Bereich der ärztlichen Dokumentation verbessern. Noch immer sei es für Patienten, aber auch für 2 Rechtsanwälte und Gerichte schwierig, im Streitfall Zugang zu vollständigen Patientenakten zu bekommen.

Dr. med. Thomas Tatschner stellte in seinem Vortrag heraus, dass viele negative Folgen einer ärztlichen Behandlung überhaupt nicht als ursächlich für zahlreiche Todesfälle erkannt werden. Dabei geht es zunächst einmal gar nicht um den klassischen Behandlungsfehler sondern um Spätfolgen von Unfällen die als solche nicht bei der Feststellung des Todes im Totenschein festgehalten werden. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wird in Deutschland von den Ärzten viel häufiger eine sogenannte "natürliche Todesursache" auf dem Totenschein angegeben, ohne mögliche andere Ursachen zu hinterfragen. Dadurch wird natürlich auch eine, statistisch nicht erfassbare, Zahl von Behandlungsfehlern nicht erkannt und damit auch nicht rechtlich aufgearbeitet.

Für Thomas Goger liegt ein großes Problem in der langen Verfahrensdauer bei Prozessen. Für Patienten ist bei einem Arzthaftungs-prozess von einer mehrjährigen Verfahrensdauer auszugehen. Eine der Ursachen dafür liegt in der Zeitdauer die für die Erstellung von Gutachten und Gegengutachten benötigt wird. Wenn ein Richter einen Gutachter gefunden hat, kann es oft mehrer Monate dauern bis das Gutachten vorliegt, als Richter hat er keine wesentlichen Einflussmöglichkeiten in diesem Punkt. Grundsätzlich ist es für ihn als Juristen sinnvoll wenn die Patientenrechte in einem Gesetz zusammengefasst werden. Sicherzustellen ist dabei, dass die Beweislastumkehr immer durch den Richter anzuordnen ist und nicht per Gesetz festgeschrieben werden darf.

Karin Wolowiec, Patientenfürsprecherin Bezirkskrankenhaus Rehau stellte das Selbstbestimmungsrecht des Patienten in den Vordergrund. Auch bei Personen die unter Betreuung stehen ist deren persönliche Einwilligung in eine ärztliche Behandlung wichtig, mit Ausnahme von Patienten die bewusstlos sind. Der behandelnde Arzt muss natürlich auch den gesetzlich bestellten Betreuer über die Risiken einer geplanten Behandlung informieren, aber dabei ist die persönliche Anwesenheit des Betreuten zwingend notwendig.

In der anschließenden Diskussion wurde das Aufklärungsgespräch des Arztes in seiner Bedeutung herausgestellt. Hier reicht es nicht das der Arzt das entsprechen Formblatt vorliest, er muss vielmehr darauf achten das der Patient ihn auch als Laie verstehen kann.
Ein weiterer Punkt war die Stärkung der Verfahrensrechte bei Behandlungsfehlern: Länder und ärztliche Selbstverwaltung werden aufgefordert, Schlichtungs verfahren zu vereinheitlichen. An den Landgerichten sollen spezialisierte Arzthaftungskammern eingerichtet werden. Ebenso ist eine Stärkung der Rechte gegenüber Leistungsträgern notwendig Bei Verdacht auf Behandlungsfehler sollen die Krankenkassen verpflichtet werden, ihre Versicherten zu unterstützen.

Der Vorschlag der schwarzgelben Koalition die in vielen verschiedenen Einzelgesetzen geregelten Patientenrechte durch ein Artikelgesetz zu optimieren reicht nicht aus die Rechte der Patienten in der Praxis zu stärken. Ein eigenes Patientenrechtegesetz, das die die zentralen Grundrechte der Patienten als Rechtsnormen - allgemeinverbindlich, rechtsgebietsübergreifend und transparent festlegt und damit wesentliche Patientenrechte leichter zugänglich und gut nutzbar 3 macht, ist die Grundforderung der ASG Bayern, wie Elisabeth Rüdinger in ihrem Schlusswort herausstellte. "Nur aufgeklärte Versicherte und Patienten, die um ihre Rechte und Pflichten wissen, können selbstverantwortlich gemeinsam mit ihrem Arzt wichtige Entscheidungen für ihre Gesundheit treffen.